Seitenwindkomponente bestimmen mit der Drittelmethode

Immer wieder machen haarsträubende Landungen von Linienflugzeugen bei starkem Seitenwind Schlagzeilen. Auch in Kleinflugzeugen sind solche Landungen anspruchsvoll. Und mit der “Maximum Demonstrated Crosswind Component” stellt auch der Flugzeughersteller eine Limite auf. Es ist deshalb enorm wichtig, dass jeder Pilot für die Landung die Seitenwindkomponente abschätzen kann.

Auch für Flüge nach Instrumenten (IFR) ist die Seitenwindkomponente wichtig. Dort wird sie zur Berechnung des Headings mithilfe des Wind Correction Angles (WCA) verwendet. Man dreht die Nase in den Wind um trotz Seitenwind auf dem geplanten Kurs zu bleiben. Das nennt man Aufkreuzen.

Doch das Berechnen der Seitenwindkomponente mit Sinus und Cosinus ist sehr mühsam und nicht praxistauglich. Hier schafft eine Faustregel Abhilfe: die Drittelmethode.

Drittelmethode zur Bestimmung der Seitenwindkomponente

Die Drittelmethode funktioniert folgendermassen: Ausgehend von der Pistenrichtung teilt man die Windrichtung in 30°-Segmente ein:

Skizze zur Ermittlung der Gegen-, Rücken- und Seitenwindkomponente. Die Windrichtung wird in Segmente à 30° eingeteilt.
Bestimmen der Gegen- und Rücken- und Seitenwindkomponente mit der Drittelmethode. Die Windrichtung wird in 30°-Segmente aufgeteilt.

Dann berechnet man die Differenz zwischen der Pistenrichtung und dem gemeldeten Wind. Bei Wind aus 070° und einer Pistenrichtung von 090° wären das zum Beispiel 20°. Diese 20° liegen im ersten Segment (0° bis 30°)

Pro Segment wendet man vorgegebene Faktoren an (siehe Skizze oben). Im ersten Segment wären das:

  • Gegenwindkomponente = 3/3 des gesamten Windes (in der Skizze blau eingetragen)
  • Seitenwindkomponente = ⅓ des gesamten Windes (in der Skizze grün eingetragen)

Berechnung der Seitenwindkomponente

Um das Konzept zu Erläutern machen wir ein Beispiel:

  • Landung auf RWY 09
  • Wind aus 020°
  • Windstärke 15 kt
Skizze zur Hilfe bei der Bestimmung der Gegen- und Seitenwindkomponente bei einem wind aus 020° mit 15 kt und einer Landung auf Runway 09
Anwendung der Drittelmethode für eine Landung auf Runway 09 bei einem Wind aus 020° mit 15 kt

Eine Einfache Kopfrechnung gibt Auskunft über das Segment, aus welchem der Wind bläst:

  • 090° – 020° = 70°
  • (Bewegungsrichtung – Windrichtung = Relative Windrichtung)

70° liegt im dritten Segment (60° – 90°). Entsprechend werden folgende Faktoren angewendet:

  • Gegenwind: ⅓ des gesamten Windes (⅓ x 15 kt)
  • Seitenwind: gesamter Wind (15 kt)

Für unser Beispiel also:

  • 5 Knoten Gegenwindkomponente
  • 15 Knoten Seitenwindkomponente

Beispiel mit Rückenwindkomponente

Machen wir noch ein Beispiel mit Wind aus einer anderen Richtung:

  • Landung auf RWY 09
  • Wind aus 320°
  • Windstärke 10 kt
Skizze zur Hilfe bei der Bestimmung der Gegen- und Seitenwindkomponente bei einem wind aus 340° mit 10 kt und einer Landung auf Runway 09
Drittelmethode zur Berechnung der Rücken- und Seitenwindkomponente für die Landung auf Runway 09 mit Wind aus 320° mit 10 kt

Die Rechnung sieht hier also folgendermassen aus:

  • (360° – 320°) + 90° = 40° + 90° = 130°

Wir befinden uns also im fünften Segment (120° – 150°) und folgende Faktoren kommen zur Anwendung:

  • Rückenwind: ⅔ des gesamten Windes (⅔ x 10 kt)
  • Seitenwind: ⅔ des gesamten Windes (⅔ x 10 kt)

Ausgerechnet also:

  • 7 Knoten Rückenwindkomponente
  • 7 Knoten Seitenwindkomponente

Anwenden der Drittelmethode

Es folgen noch ein paar weitere Beispiele. Rechne sie selber nach! So kannst du überprüfen, ob du die Drittelmethode verstanden hast und sie anwenden kannst.

Beispiel 1
  • Landung auf RWY 13
  • Wind aus 150°
  • Windstärke 21 kt

Und die entsprechenden Windkomponenten:

  • Gegenwindkomponente: 21 kt (Erstes Segment, 3/3)
  • Seitenwindkomponente: 7 kt (⅓)
Beispiel 2
  • Landung auf RWY 30
  • Wind aus 260°
  • Windstärke 12 kt

Das ergibt folgende Windkomponenten:

  • Gegenwindkomponente: 8 kt (Zweites Segment, ⅔)
  • Seitenwindkomponente: 8 kt (⅔)
Beispiel 3
  • Landung auf RWY 14
  • Wind aus 280°
  • Windstärke 9 kt

Damit errechnen sich diese Windkomponenten:

  • Rückenwindkomponente: 6 kt (Fünftes Segment, ⅔)
  • Seitenwindkomponente: 6 kt (⅔)

Die Drittelmethode in der Praxis

In der Praxis wird die Drittelmethode zum Beispiel in folgenden Fällen benutzt:

  • Briefing
  • Enroute zum Berechnen der Headings
  • Für die Landung zum Ermitteln der Seitenwindkomponente

Sind die Windkomponenten für die Landung ermittelt, kann die Endandfluggeschwindigkeit entsprechend angepasst werden. Bei sehr starkem Wind empfiehlt sich eventuell sogar eine Landung ohne Flügelklappen.

Versuch bei deinem nächsten Flug die Drittelmethode anzuwenden:

  1. Verwende die Daten aus deinem Meteo-Briefing (Flugwetterprognose, METAR, TAF) um bereits am Boden die Windkomponenten zu berechnen.
  2. Ermittle die Windkomponenten nach Erhalten des ATIS
  3. Für Fortgeschrittene: Bei der Erteilung der Landeerlaubnis meldet der Fluglotse immer auch den Wind. Bestimme daraus die Windkomponenten!

Du wirst sehen, dass die Drittelmethode mit etwas Übung sehr einfach anzuwenden ist. Auf jeden Fall wird sie dir helfen, die Windkomponenten besser einzuschätzen und bessere Landungen zu machen! Viel Spass!

Weiterführende Links

Die Landung ohne Flügelklappen

Aus technischen oder anderen Gründen kann es vorkommen, dass ein Pilot eine Landung ohne Flügelklappen machen muss oder möchte. Oft ist diese aber mit Unsicherheiten oder einem unguten Gefühl verbunden. Folgende Punkte sollen helfen, auch solche Situationen mit einer souveränen und sicheren Landung abzuschliessen:

Bestimmen der Endanfluggeschwindigkeit

Zunächst muss man sich darüber im Klaren sein, mit welcher Geschwindigkeit man anfliegt. Eine einfache Möglichkeit, die richtige Speed zu wählen, bietet die Rechnung mittels der Differenz zwischen den Überziehgeschwindigkeiten mit und ohne Flaps. Bei der Cessna 152 sieht die Rechnung folgendermassen aus:

Airspeed Indicator einer Piper Archer III mit Markierungen für die Mindestfluggeschwindigkeit mit Klappen (weiss) und ohne (grün).

Das untere Ende des grünen Bandes am ASI gibt die Stallspeed ohne Flaps und das untere Ende des weissen Bandes jene mit Flaps. So kann ganz einfach im Flugzeug die Differenz ausgerechnet werden. (Im Bild: ASI einer Piper Archer III)

  1. Differenz zwischen Stall-Speed Clean und Full Flaps: ∆V = Vs – Vso = 40 – 35 = 5 kt
  2. Erhöhung der Finalspeed um diesen Betrag: V = VFinal + ∆V = 60 + 5 = 65 kt

Diese Rechnung kann jederzeit und einfach im Flugzeug gemacht werden, finden sich doch beide Stall-Geschwindigkeiten auf dem Airspeed Indicator: Der Beginn des grünen bzw. weissen Bandes markieren diese Speeds.

Energie-Management

Im Vergleich zum Anflug mit Flügelklappen generiert das Flugzeug ohne diese viel weniger Widerstand. Dieser verringerte Widerstand hat zur Folge, dass das Flugzeug langsamer auf das Reduzieren der Leistung reagiert und es dementsprechend schwierig sein kann, überschüssige Energie abzubauen. Hier hilft folgende Taktik:

  1. Beim Einleiten des Sinkfluges Leistung auf Leerlauf, Geschwindigkeit Vbest glide + 10 kt (Reserve für Kurven) und TRIMMEN
  2. Ab Erreichen des Finals den üblichen Anflug auf den Aiming Point beginnen (Geschwindigkeit wird jetzt abnehmen!)
  3. Erst sobald der Finalspeed erreicht ist, wieder Gas geben

Wer den korrekten Speed und die richtige Flugtaktik wählt, wird bei einem solchen Anflug keine Probleme haben. Einzig zwei zusätzliche Punkte sollten dem Piloten bewusst sein:

  1. Die Nase des Flugzeuges wird beim Anflug höher sein als normal, da der Auftrieb ohne die Landeklappen durch einen erhöhten Anstellwinkel generiert werden muss. Dementsprechend befindet sich der Aiming Point weiter unten auf der Windschutzscheibe.
  2. Die Landung ohne Flaps sollte nicht allzu stark ausgeflogen werden (kurzer Ausschwebevorgang). Damit verhindert man eine Berührung des Flugzeughecks mit dem Boden

Es empfiehlt sich natürlich, den Anflug ohne Flügelklappen beim nächsten Flug mit Fluglehrer zu üben. Sitzt das Verfahren und klappen die Landungen ohne Probleme, so sollte man diese Technik regelmässig üben, so dass man im Notfall sofort weiss, was zu tun ist. So bringt man das Flugzeug auch in einer solchen Situation sicher zurück auf den Boden.

© flighttraining.ch

Diese Anleitung ersetzt nicht die Angaben des AFM, welche für das Führen jedes Luftfahrzeuges verbindlich sind und diesen Angaben widersprechen können. Sollten die genannten Verfahren in irgendeiner Art ungewohnt oder unbekannt sein, so sollten diese unbedingt zusammen mit einem Fluglehrer geübt werden. Die Verantwortung liegt in jedem Fall beim Pilot in Command PIC. flighttraining.ch lehnt jegliche Haftung für Schäden im Zusammenhang mit der Ausführung der genannten Verfahren ab!

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